Bestandsaufnahme: Wann stehen die Maschinen still?
Für die Verarbeitung des Vormaterials steht im Ziehwerk Plettenberg unter anderem eine Gruppe von vier kombinierten Ziehanlagen mit einem Wert von mehreren Millionen Euro zur Verfügung. Bis zu acht Produktionsschritte, vom Abhaspeln und Vorrichten über das Entzundern, Ziehen und Richten bis zur Oberflächenfehlerprüfung und Endenbearbeitung, werden hier an den Anlagen durchgeführt, bevor das glänzende Produkt für den Versand bereitsteht. Für jeden Kundenauftrag müssen die einzelnen Fertigungsstationen umgerüstet werden. Das heißt: Die Betriebsmittel müssen entsprechend vorbereitet, eingerichtet und angepasst werden. Neben der reinen Bearbeitungszeit beeinflussen diese Rüstzeiten, in denen die Anlage stillsteht, ebenso wie Transport- und Wartezeiten oder störungsbedingte Unterbrechungen die Länge der Durchlaufzeit.
Potenziale für zusätzliche Produktionszeit
Für seine Bachelorarbeit hat Atakhan Serter diese Zeiten akribisch erfasst und war zum Teil mit Stoppuhr und Schrittzähler im Betrieb unterwegs. Bei durchschnittlich drei Rüstvorgängen am Tag, so das Ergebnis der Analyse, summieren sich die Stillstände der Anlagen zu beträchtlichen Zeitanteilen. Diese können durch geschickte Optimierungen als zusätzliche Produktionszeit genutzt werden und den Produktdurchlauf beschleunigen. Außerdem stelle allein das Holen der Werkzeuge aus dem Lager einen nicht unerheblichen Zeit- und Kostenfaktor dar.
Um effizienter zu werden, entwickelte Serter beispielhaft zwei Verbesserungsvorschläge. Zum einen schlägt er ein Betriebsdatenerfassungssystem vor, das eine automatisierte Datenerfassung und eine Echtzeitüberwachung der Ziehanlagen ermöglicht. So könnten Stillstandzeiten und Engpässe frühzeitig erkannt und minimiert werden. Auch bisher nicht dokumentierte Zeiten wie etwa für eine Störungsbehebung könnten erfasst werden.
Minimierung von Umrüstzeiten
Zum anderen empfiehlt Serter die Anwendung von SMED (Single Minute Exchange of Die / Werkzeugwechsel im einstelligen Minutenbereich), eine bei Toyota entwickelte Methode zur Minimierung von Umrüstzeiten. Erreicht werden kann die Minimierung nach Serters Ansicht durch eine strukturierte Aufteilung des Rüstprozesses in Vorgänge, für die die Produktion unterbrochen werden muss, und jene, die bei laufender Anlage parallel durchgeführt werden können. Die Beseitigung unnötiger Wege sowie die Synchronisation und Koordination von Auftragsabfolgen, Arbeitsabläufen und Mitarbeitern können ebenfalls die Rüstzeiten und damit die Kosten für das Unternehmen senken.
Die Umsetzung seiner Arbeit kann Atakhan Serter vor Ort täglich mitverfolgen. Im Ziehwerk Plettenberg war man von der Leistung des 29-Jährigen so überzeugt, dass er direkt eingestellt wurde. Bestätigt wurde das sehr gute Ergebnis von Prof. Dr. Klaus-Michael Mende von der Fachhochschule Südwestfalen, der die Arbeit betreute. Über den Märkischen Arbeitgeberverband konnte er die Verbindung zwischen dem Plettenberger Unternehmen und dem jungen Mann vermitteln. Serter selbst freute sich über den guten Start, bei dem er von seiner praktischen Erfahrung profitieren konnte. Der Iserlohner hatte zunächst eine Ausbildung zum Industriemechaniker gemacht. Nach mehreren Jahren im Beruf setzte er jetzt das Maschinenbau-Studium drauf.